Jeder vierte Haushalt in der Slowakei lebt laut den neuesten Daten von Eurostat von Gehalt zu Gehalt. Armut betrifft dabei nicht nur die Arbeitslosen, sondern zunehmend auch die Erwerbstätigen, denn fast 30 Prozent von ihnen haben Schwierigkeiten, von ihrem Gehalt zu leben. Auch nach Angaben des Instituts für Arbeits- und Familienforschung nahm die Einkommensarmut in der Slowakei in den vergangenen drei Jahren zu. In einem Mehrjahresvergleich beobachtet das Institut hierbei einen stetigen Anstieg von mindestens einem Prozentpunkt. Besonders deutlich steigt die Armutsquote bei jüngeren Menschen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil der erwerbstätigen Armen im Alter von 18 bis 24 Jahren mehr als neun Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Dem Wirtschaftsanalytiker Marián Kočiš zufolge wachse die Slowakei zwar wirtschaftlich immer weiter, doch die Nachbarländer tun dies deutlich schneller: “Die Tschechen und Polen haben zwar eine etwas niedrigere Arbeitsproduktivität als wir, leisten insgesamt aber mehr Arbeitsstunden, weil dort die Arbeitslosigkeit niedriger ist. Ihr Wirtschaftswachstum haben sie zudem in mehr finanzielle Sicherheit für ihre Bevölkerung umgewandelt. Höhere Löhne müssen durch eine starke Wirtschaft, durch Innovationen und die dadurch gewonnene Wertschöpfung gedeckt sein.”
Auf einen Mangel an Innovationen in der Wirtschaft weist ebenso die Sprecherin der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Miriam Filová hin: „Der Mangel an Forschung und Entwicklung sorgt dafür, dass die Arbeitsproduktivität langsamer wächst als in den Ländern mit einer stärkeren wissensbasierten Wirtschaft. Ein weiterer Faktor ist die hohe Steuer- und Abgabenlast. Trotz der insgesamt hohen Arbeitskosten pro Beschäftigten zählen die Nettolöhne in der Slowakei unter den Visegrád-Ländern zu den niedrigeren.”
Die Zahl der von Einkommensarmut betroffenen Menschen ist in der Slowakei relativ hoch und laut Amnesty International sogar alarmierend. Die NGO weist darauf hin, dass jeder zehnte Erwerbstätige so wenig verdient, dass sein Einkommen nicht einmal 60 Prozent des Medians erreicht. Das bedeutet, dass das Gehalt vieler Menschen nur knapp über dem Mindestlohn liegt. Dieser beträgt in der Slowakei derzeit 816 Euro brutto im Monat.
Quelle: Radiojournal STVR