Die Einwohner der Slowakei verlieren zunehmend das Vertrauen in das Funktionieren des Staates und des Systems als solches. Dies geht aus einer Untersuchung des Forschungsinstituts für soziale Kohäsion DEKK hervor, wonach mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Landes glaubt, dass das System gegen sie eingestellt ist. Laut der Leiterin der Kommunikationsabteilung des Instituts Nikola Richterová stellen sich die Menschen unter dem Begriff „System“ oft staatliche Institutionen oder Eliten, Politiker, Unternehmer, Medien oder die Kirche vor. Richterová zufolge habe die Forschung jedoch gezeigt, dass die Unzufriedenheit der Menschen noch tiefer geht. Es gehe auch um die Ablehnung bestimmter philosophischer, kultureller und wirtschaftlicher Einstellungen wie Kapitalismus, Individualismus oder den westlichen Lebensstil. Das Institut weist darauf hin, dass es sich um einen Komplex von Ursachen handelt, die zur Folge haben, dass die Menschen das System ablehnen. Diese Ursachen reichen bis in die Vergangenheit. „Die Wende, die nach 1989 kam, war für die Slowakei abrupt. Während der Westen über Jahrzehnte hinweg kulturelle und politische Veränderungen durchmachte, hat sich bei uns alles gleichzeitig verändert. Dazu kam die Enttäuschung über die Entwicklungen in den 1990er Jahren. Wie die Daten zeigen, währt diese Enttäuschung bis heute,“ erklärte Richterová.
Die Umfrage wurde unter über 1.000 Befragten durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass dem System nur 40 Prozent der Slowaken vertrauen. Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass die Welt nicht von gewählten Politikern, sondern von geheimen Gruppen geleitet wird. „Es zeigt sich, dass Menschen, die dem System misstrauen, deutlich dazu neigen, an solche Theorien zu glauben“, sagt die Expertin. Die Frustration in der Gesellschaft wird laut der Forschung auch durch wirtschaftliche und psychologische Faktoren verursacht. Obwohl die Gehälter in den letzten Jahren stiegen, war der Preisanstieg noch deutlicher. Außerdem wurde die Gesellschaft mehr individualistisch und konsumorientiert und das Gemeinschaftsleben schwächer. Der Mensch fühlt sich einsam, es fehlt ihm an Sicherheit und oft sucht er diese auf Kosten seiner Freiheit.
Die Forschung beschäftigte sich auch mit den nostalgischen Gefühlen für den Sozialismus. Mehr als 60 Prozent der Befragten geben an, dass das Leben in der Zeit des Sozialismus besser war. Richterová erklärte, dass eine solche Haltung regionale Begründungen haben kann. „In einigen Teilen der Slowakei, insbesondere im Osten, brachte der Sozialismus Entwicklung, den Bau von Wohnblocks, Abwasserentsorgung, Industrialisierung. Diese Menschen erinnern sich daher an diese Zeit als an eine Zeit des Fortschritts“, fügte sie hinzu.
Quelle: STVR