Politische Krise: Wie die Slowakei künftig regiert werden könnte

Politische Krise: Wie die Slowakei künftig regiert werden könnte

Die konservativ-populistische Minderheitsregierung von Premierminister Eduard Heger (OĽANO) ist am Donnerstag (15.12.) durch ein Misstrauensvotum im Parlament gestürzt worden. Der Misstrauensantrag ging von der liberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS) aus, die selbst noch bis Anfang September der Regierungskoalition angehört hatte. Der SaS-Vorsitzende Richard Sulík hatte der Regierung Inkompetenz im Zusammenhang mit der Inflation und der Energiekrise sowie nachlassendes Engagement im Antikorruptionskampf vorgeworfen. Die Regierung sei außerdem von der Flüchtlingskrise überfordert. Besondere Kritik zog sich seit Langem der Finanzminister Igor Matovič (OĽANO) zu. Er war 2020 der große Wahlgewinner und wurde Regierungschef, musste aber nach reichlich einem Jahr diesen Posten nach massiver Kritik an seinem Führungsstil und bestimmten Verhaltensauffälligkeiten räumen. So hatte er den damaligen Wirtschaftsminister Richard Sulík als „Idioten“ und den Oppositionspolitiker Robert Fico als „debil“ bezeichnet. Matovič tauschte die Ämter mit dem damaligen Finanzminister Eduard Heger, der somit zum Premierminister wurde.

Die Regierung war dabei im Grunde von Anfang an mit der Corona-Krise konfrontiert und dann ab Februar 2022 auch mit den Ereignissen des russischen Angriffskrieges gegen das Nachbarland Ukraine. Es kam in den rund zweieinhalb Jahren zu mehreren Regierungskrisen und -umbildungen. Nun der Showdown am Donnerstag: Dem war noch vorausgegangen, dass Finanzminister Matovič in letzter Minute seinen Rücktritt angeboten hatte und sogar in den Präsidentenpalast geeilt war, um seinen Rücktritt auch einzureichen. Dort allerdings hatte er es sich anders überlegt und entriss dem Mitarbeiter der Präsidialkanzlei das Papier wieder.

Nach mehreren Unterbrechungen der Parlamentssitzung wurde schließlich der Regierung mit der erforderlichen Mehrheit das Misstrauen ausgesprochen. Wie die Slowakei künftig regiert werden könnte, erläuterte der Verfassungsrechtsexperte Kamil Baránik gegenüber RTVS:

„Bei der Abberufung einer Regierung rechnet die Verfassung prinzipiell nicht damit, dass die Legislaturperiode des Nationalrats verkürzt wird, es geht lediglich darum, dass der Nationalrat einer konkreten Regierung ein Misstrauensvotum ausgesprochen hat. Diese Regierung wird also jetzt mit der Weiterausübung der Regierungsgeschäfte in einem begrenzten Rahmen beauftragt, wobei sie einige Befugnisse vollständig einbüßt und einige nur mit Bewilligung der Präsidentin möglich sein werden, und zwar bis zum Zeitpunkt der Ernennung einer neuen Regierung. Die Verfassung sieht also vor bzw. rechnet damit, dass sich im Parlament womöglich eine neue Mehrheit bildet. Bei der Ernennung einer neuen Regierung würde die Präsidentin den Artikel 113 der Verfassung beachten, dass die neue Regierung innerhalb von 30 Tagen von der Parlamentsmehrheit bestätigt werden muss. Die Verfassung sieht also keine vorgezogenen Wahlen vor. Aber auch in der Vergangenheit hat sich das Parlament schon einige Male per Abstimmung selbst aufgelöst. Hierzu brauchte es die Verfassungsmehrheit von 90 Stimmen, erst dann kam es zu vorgezogenen Parlamentswahlen. Allerdings hat das Verfassungsgericht im Vorjahr die Verfassungskonformität dieser Option infrage gestellt. Dennoch gibt es weitere Möglichkeiten, wie das Parlament aufgelöst werden könnte. Sie sind aber fakultativ, prinzipiell an die Zustimmung der Präsidentin gebunden und mit langen Zeiträumen einer Lähmung der Parlamentstätigkeit verbunden.“

Quelle: RTVS, TASR

Kay Zeisberg, Foto: TASR

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