Die Slowakei ist eines der sechs EU-Länder, in denen homosexuelle Menschen weder eine Ehe schließen noch eine eingetragene Partnerschaft eingehen können. Nach dem Hassdoppelmord in Bratislava wurde die öffentliche Debatte über die Rechte der LGBT+ Community wieder lauter, doch laut Soziologen fehle es an politischem Willen und einem gesellschaftlichen Konsens, den aktuellen Zustand zu ändern.
Die Regierung Radičová verabschiedete noch 2014 eine Strategie zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte. Darin war auch ein Plan zur Förderung der Rechte von LGBT+-Menschen zu finden. Die Veröffentlichung des Dokuments hatte jedoch eine Mobilisierung der Gegner einer Gleichberechtigung von Homosexuellen zur Folge. Gleich mehrere Initiativen hatten sich dagegen ausgesprochen, sagt Zuzana Kusá vom Institut für Soziologie an der Slowakischen Akademie der Wissenschaften: „Die Stimmen verschiedener christlicher Organisationen wurden sowohl in den Diskussionsforen als auch während des Gesetzgebungsprozesses laut. Diese Gegenbewegung fand dann sehr wohl politische Unterstützung. Letzten Endes wurde in der Verfassung verankert, dass LGBT-Paare keine Familie bilden dürfen.“
Die Kirche hat auch in anderen Ländern Europas ein starkes Wort im gesellschaftlichen Diskurs, doch dies stellte in mehreren Fällen kein Hindernis bei der Gleichstellung von LGBT+-Menschen dar. Am offensten zeigen sich hierbei Skandinavien sowie die Benelux-Staaten. Im Gegensatz dazu sind gleichgeschlechtliche Ehen oder eingetragene Partnerschaften im nationalen Recht sowohl in der Slowakei als auch in Bulgarien, Lettland, Litauen, Polen oder Rumänien nicht vorgesehen. Dem Leiter der Initiative Inakosť (Andersartigkeit) Martin Macko zufolge sei dies kein Zufall: „Es handelt sich um Länder des ehemaligen Ostblocks, wo es 40 Jahre lang kaum eine Zivilgesellschaft gab. Diese Themen wurden dort gar nicht erörtert.“
Der Eiserne Vorhang mag der Vergangenheit angehören, doch bei der Akzeptanz von Homosexualität in Europa ist diese Trennlinie bis heute spürbar. In der Slowakei registrieren Experten einen Nachholbedarf bei der Aufklärung über sexuelle Minderheiten bereits an den Schulen. Am deutlichsten sei dies etwa bei der Sozialkunde zu spüren, betont Zuzana Kusá. Im Endeffekt leidet darunter vor allem die LGBT+ Community, die Gleichberechtigung von Homosexuellen gilt aber auch als ein aussagekräftiger Indikator für die Einhaltung der allgemeinen Menschenrechte in einem Staat oder einer Gesellschaft.
Quelle: RTVS