Entsetzen nach Mordanschlag in Bratislava: Täter mutmaßlich auch Holocaust-Leugner

Entsetzen nach Mordanschlag in Bratislava: Täter mutmaßlich auch Holocaust-Leugner

Im Zentrum von Bratislava in der Zámocká-Straße wurden am Mittwochabend (12.10.) Schüsse vor einem Lokal abgefeuert, das von der LGBTI+-Community frequentiert wird. Zwei Männer starben, eine Frau wurde verletzt. Der Täter flüchtete. Die Polizei fand ihn am Donnerstagmorgen (13.10.) nach intensiver Suche tot auf. Der Anschlag vom Mittwoch wird von der Nationalen Kriminalagentur (NAKA) als vorsätzlicher Mord mit einem besonderen Hassmotiv gegen eine Personengruppe untersucht. Sonderstaatsanwalt Daniel Lipšic erklärte, das wahrscheinliche Motiv für die Schießerei sei Hass auf Menschen anderer Herkunft oder sexueller Orientierung.

Der Mörder soll laut Angaben in privaten Medien und sozialen Netzwerken ein 19-Jähriger aus Bratislava sein, dessen Vater früher als Abgeordneter für die Partei Vlasť, gegründet vom ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Štefan Harabin, kandidierte. Für den Anschlag benutzte der Täter wohl die zugelassene Waffe seines Vaters. Radikalisiert habe er sich auf Plattformen, auf denen sich vor allem amerikanische Rechtsextreme und Verschwörungsgläubige treffen. In einem mehr als 60-seitigen Manifest verbreitete er Hass gegen Lesben und Schwule sowie scheute auch nicht davor zurück, den Holocaust in Frage zu stellen.

Die Reaktionen auf die Tragödie nehmen sowohl in der Öffentlichkeit als auch im politischen Spektrum zu, wenngleich bislang das Wort „Terroranschlag“ vermieden wird. Parlamentspräsident Boris Kollár (Sme rodina) verurteilte den Angriff und Regierungschef Eduard Heger (OĽANO) nannte es nicht hinnehmbar, dass jemand wegen seiner Lebensweise um sein Leben fürchten müsse. Der tschechische Innenminister Vít Rakušan äußerte sich erschüttert und meinte, in einer anständigen Gesellschaft sei kein Platz für Homophobie. Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen verurteilte ebenfalls die abscheulichen Morde in Bratislava. Die Präsidentin der Slowakischen Republik Zuzana Čaputová richtete unmittelbar nach dem Attentat eindringliche Worte insbesondere an die Justizbehörden:

„In diesen Momenten denke ich vor allem an die Opfer der gestrigen brutalen Morde an Matúš und Juraj. Was mich aber in diesem Kontext auch umtreibt, ist eine Erscheinung, die wir in der Slowakei in den letzten Jahren wahrnehmen, und zwar wachsenden Extremismus, zunehmende Hassäußerungen sowie verbale Straftaten und zugleich die absolut unangemessene Reaktion der Justizorgane auf solche Taten. Seit drei Jahren mache ich darauf aufmerksam, dass viele Politiker die Freiheit des Wortes dazu missbrauchen, zum Hass aufzurufen – das ist absolut unzulässig! Solche Hassreden fanden gestern zwei konkrete Opfer. Ich drücke mein Beileid mit den Hinterbliebenen aus und denke an die LGBTI-Community, die sich wahrscheinlich in diesem Moment nicht besonders sicher fühlt. Und ich fordere und bitte, dass die zuständigen Justizorgane handeln!“

Die Menschen in Bratislava und der gesamten Slowakei stehen unter Schock. In sozialen Netzwerken werden bereits auch Stimmen laut, die Trauerkundgebungen und politische Proteste wie 2018 nach dem Doppelmord an dem slowakischen Journalisten Ján Kuciak und dessen Verlobter Martina Kušnírová erwarten. Bereits am heutigen Freitag (14.10.) ist für 17:00 Uhr eine Demonstration in Bratislava am Ort des Verbrechens geplant.

Quellen: Správy RTVS, TASR, aktuality.sk

Kay Zeisberg, Foto: TASR

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