Die Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke in Deutschland trägt maßgeblich zum Anstieg der Energiepreise an den Börsen bei. Zudem wächst die Nachfrage. Steigende Energiepreise bedrohen auch in der Slowakei immer mehr Haushalte sowie den Betrieb von sozialen und Bildungseinrichtungen oder der Infrastruktur der öffentlichen Hand. Deshalb sucht die Regierung nach Lösungen, wie diese Mehrkosten kompensiert werden könnten. Am Donnerstag (10.02.) kündigten Finanzminister Igor Matovič (OĽANO) und Wirtschaftsminister Richard Sulík (SaS) an, eine neue 50-prozentige Steuer auf die sog. Mehrgewinne, die beim Verkauf von Kernkraft erzielt werden, einführen zu wollen, mit der sie die notwendigen Kompensationsmaßnahmen finanzieren möchten. Wirtschaftsminister Sulík erklärt seine Position: „Wenn die Nachfrage wächst und zugleich das Angebot reduziert wird, treibt das die Preise nach oben. Das hat allerdings keine Auswirkung auf der Ausgabenseite der Aktiengesellschaft Slovenské Elektrárne, denn plötzlich wird die für 40 hergestellte Energie nicht mehr für 60, sondern die nach wie vor für 40 erzeugte Energie für 140 verkauft.“
Wird die Steuer eingeführt, kann der Staat aktuell 53,4 Mio. Euro und für die Jahre 2022 bis 2024 sogar 641,1 Mio. Euro gewinnen. Der Generaldirektor der Aktiengesellschaft Slovenské Elektrárne, Branislav Strýček wehrt sich: „Es handelt sich um ein Besteuern von fiktiven Gewinnen – und das bei einer Firma, die sich momentan auf dem Höhepunkt ihrer Verschuldung befindet. Die Schuldenlast der Aktiengesellschaft zum Ende des Jahres 2021 betrug 3,8 Milliarden Euro. Vom frühen Morgen an klingeln bei uns die Telefone und die Banker fragen, was das soll. Klar, sie spüren die Gefahr, dass wir nicht fähig sein werden, die bei ihnen geliehenen Kredite zurückzuzahlen.“
Der ehemalige Finanzmister und jetzige Abgeordnete der Oppositionspartei Smer-SD, Ladislav Kamenický, sieht eine gewisse Diskrepanz angesichts der Selbstdarstellung Richard Sulíks als ein Gegner von Steuererhöhungen und kommentiert: „Es handelt sich um eine neue Steuer – von dem Herrn Sulík eingeführt, was, wie ich finde, eine wichtige Information ist. Zudem wurde keine Studie zu den möglichen Folgen für die Firma Slovenské Elektrárne erstellt.“
Matej Kačaljak, Leiter des Lehrstuhls für Finanzrecht an der Juristischen Fakultät der Comenius-Universität sieht das Vorhaben ebenso kritisch und zweifelt dessen Verfassungskonformität an: „Vereinfacht gesagt, soll bei einer Steuer lediglich ein Anteil am Gewinn an den Staat fließen. Wobei sich stets die Frage stellt, was angemessen ist. Auf keinen Fall darf er aber existenzbedrohend sein – das ist der aus Sicht der Verfassung fragliche Aspekt.“
Der Chef der Aktiengesellschaft Slovenské Elektrárne hatte nämlich gewarnt, die Firma könne nach Einführung der umstrittenen Steuer u. U. bereits im März den Bankrott erklären.
Quelle: Správy RTVS