Nach der Sanften Revolution im November 1989 fiel in der damaligen Tschechoslowakei das kommunistische Regime und der Übergang zu Demokratie und sozialer Marktwirtschaft begann. Trotzdem gibt es in der Slowakei auch 32 Jahre nach diesen historischen Ereignissen Bedenken, ob die Wende neben der Freiheit wirklich auch eine Erhöhung des Lebensniveaus mit sich gebracht hat. Obwohl das Lebensniveau in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg auf demselben Niveau war, wie in den Ländern Westeuropas, hat sich die Situation nach der Übernahme der Macht durch die Kommunisten geändert. Vor dem Jahr 1989 lag das Land hinter Westeuropa deutlich zurück, sagt der Analytiker Martin Vlachynský vom Institut für wirtschaftliche und gesellschaftliche Analysen INESS: “Das BIP belief sich damals in der Tschechoslowakei auf rund 16.000 Dollar pro Einwohner. Zum Vergleich – in Österreich waren es 28.000 Dollar, in Finnland 27.000, in Irland 22.000.“
Nostalgische Erinnerungen an die Zeit vor 1989 behaupten, dass die tschechoslowakische Wirtschaft damals autark war. Dies entspricht jedoch nicht der Realität, erklärt der Analytiker: “Zum Beispiel bei Elektronik oder Arzneimitteln was das Land sehr abhängig von der Einfuhr aus den westlichen Ländern.“
Kurz nach der Wende haben sich eine strittige Privatisierung des staatlichen Eigentums und eine niedrige Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft in einer Senkung des Lebensniveaus tatsächlich widergespiegelt. Dazu die Soziologin Zuzana Kusá von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften: “Der Reallohn in den 1990er Jahren und in den ersten etwa fünf Jahren des 21. Jahrhunderts waren niedriger als vor 1989.“
In dieser Zeitspanne war auch die Arbeitslosigkeit ein großes Problem. Jeder Fünfte war ohne Arbeit und auch die Gehälter waren niedrig, sagt die Soziologin. Ein höheres Lebensniveau als vor der Wende wurde erst nach 15 Jahren erreicht. Laut dem Analytiker Vlachynský war die Situation auch in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks ähnlich. Ihm zufolge war die Transformation in der Tschechoslowakei allerdings vergleichsweise erfolgreicher. Derselben Meinung ist auch die Soziologin Kusá: “Heute ist die Slowakei nach den Kennziffern wie Reallohn, Kaufkraft oder Beschäftigung viel, viel besser dran als vor der Sanften Revolution. Und dies trotz der schwierigen pandemischen Lage.“
Trotzdem zeigte die jüngste Meinungsumfrage der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, das über ein Drittel der Slowaken glaubt, das Leben vor 1989 sei besser gewesen.
Quelle: TASR