Die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová bezeichnete das vergangene Jahr als ein Jahr des Traumas. Auf dessen Folgen verwies sie in ihrem Bericht über die Lage der Republik, den sie dem Plenum des Nationalrats vorlegte: „Wie jede ernsthafte Krise zeigt uns auch die Krise in der Pandemiezeit, wo wir am verwundbarsten sind. Krisenmanagement und Krisenkommunikation sind nicht zu einem Instrument zur Lösung der Schwierigkeiten geworden, sondern zu einem Teil des Problems. Auch im Zivilschutz, im Gesundheitswesen sowie in der sozialen Betreuung älterer Menschen sind wir auf Defizite gestoßen. Dennoch haben die Menschen, die an vorderster Front arbeiten - wie Gesundheitskräfte, Mitarbeiter der Gesundheitsämter, Rettungskräfte und viele andere - eine außergewöhnliche Arbeit geleistet, und allen gilt dafür noch einmal großer Dank."
Laut der Präsidentin sind Angst und Wut die zwei stärksten Gefühle, mit denen ein Großteil der Gesellschaft auf die Pandemiekrise reagiert. Sie spalten die Öffentlichkeit, insbesondere beim Thema Impfen. Čaputová kritisierte den Missbrauch von Angst und Wut, um Hass zu schüren. Wie sie meinte, könne man sich in der Slowakei weder auf grundlegende Lösungen zur Bekämpfung der Pandemie einigen, noch auf die Frage der Gerechtigkeit oder die notwendigen Reformen. Die gesamte politische Debatte sei auf ein Niveau gesunken, das es so noch nie gab. Die Präsidentin warnte vor den negativen Folgen der Lügen, Vulgarismen und persönlichen Angriffen in der politischen Debatte. Sie erklärte: „Die Slowakische Republik ist heute ein verwundetes Land, das nicht nur die globale Gesundheitskrise bewältigen muss, sondern auch andere Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert ist. Wir, die politische Führung des Staates, haben eine Verantwortung gegenüber allen Bürgern, unsere Aufgabe auf einem Niveau zu erfüllen, das mit dem der am besten regierten Staaten der Welt vergleichbar ist. Dafür brauchen wir gegenseitigen Respekt und Zusammenarbeit. Die Slowakei braucht heute dringend Stabilität, eine klare und geeinte Führung und einen Frieden, der auf Wahrheit, Gerechtigkeit, aber auch Sachlichkeit und Solidarität beruht."
Auf den Bericht des Staatsoberhauptes reagierten sowohl Koalitons- als auch Oppositionspolitiker und Gesundheitsexperten. Parlamentspräsident Boris Kollár (Sme rodina) hält die Rede für ausgewogen. Laut ihm machte Zuzana Čaputová deutlich, dass Änderungen vorgenommen werden müssen, dies jedoch nicht überstürzt werden darf. Laut Premier Eduard Heger (OĽANO) beschrieb die Präsidentin wahrheitsgetreu die Realität, einschließlich der Defizite und Erfolge der Regierung. Geht es nach dem Chef der Oppositionspartei Smer-SD, Robert Fico, bestätigte die Rede der Präsidentin deren Zugehörigkeit zur Koalition. Sie habe die Verantwortung der gegenwärtigen Regierung für die Folgen der Pandemie auf das Leben der Menschen verschwiegen. Der Vorsitzende der außerparlamentarischen Hlas-SD, Peter Pellegrini, erklärte, dass die Präsidentin die Regierung zwar für ihr Versagen bei der Bekämpfung der Pandemie kritisierte, ihre Kritik aber noch viel schärfer sein hätte können. Die Ärzte teilen die Ansicht von Zuzana Čaputová, dass der Gesundheitssektor überlastet ist. Die slowakische Kammer der Krankenschwestern und Hebammen wies darauf hin, dass Krankenschwestern traumatisiert und erschöpft sind und den Beruf vorzeitig verlassen.
Quelle: TASR