Slowakische Unternehmer klagen über unzureichende Corona-Hilfen. So habe zum Beispiel Pavel Kiseľ, Inhaber eines Fitness-Centers, sein Geschäft insgesamt ungefähr zehn Monate geschlossen halten müssen, wodurch er eine Viertel Million Euro verloren habe. Während dieser Zeit habe er mehrmals vergeblich versucht, Kontakt mit dem Finanzminister und dem Regierungsvorsitzenden aufzunehmen, um über eine Entschädigung zu diskutieren, da ihm der Staat die Ausübung seiner unternehmerischen Tätigkeit verboten habe. Als erster Unternehmer hatte er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt, der seine zwei Beschwerden akzeptierte und die slowakische Regierung dazu aufforderte, den Streit außergerichtlich beizulegen. Die staatlichen Behörden reagierten, so Pavel Kiseľ, mit einem einzigen Satz - nämlich dass der Staat in diesem Fall kein Interesse an einer Einigung habe. Der frühere Finanz- und jetzige Premierminister Eduard Heger (OĽaNO) kommentiert nunmehr: „Die besonderen Fälle, die daran gescheitert sind, tun mir sehr leid, aber ich kann sagen, dass die Regierung alles für sie getan hat, wirklich alles, und das in aufrichtiger, guter Absicht. Auch die Ergebnisse zeigen, dass die investierten Milliarden sehr genau und zielgerichtet ausgegeben wurden und dass es diese Regierung mit der Slowakei sehr gut meint."
Die Anwältin Marica Pirošíková, die die Slowakische Republik 20 Jahre beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vertrat, hilft den Unternehmern, für eine angemessene Entschädigung seitens des Staates zu kämpfen. Sie fügt hinzu, dass es hierzulande im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern bei dieser Frage keine Berufungsinstanz gebe. Die slowakischen Unternehmer hätten Pirošíková zufolge keine Chance, die Verletzung ihrer Menschenrechte und eine Entschädigung bei den slowakischen Gerichten einzuklagen. Daniel Krakovský, Vorsitzender der Initiative der slowakischen Einzelhändler betont, dass ausländische Lieferanten in der Regel überrascht seien, dass deren slowakische Geschäftspartner von der Regierung keinen einzigen Euro für neue Warenvorräte oder laufende Kosten bekommen hätten. Der Chef der Slowakischen Nationalbank, Peter Kažimír, sieht die Rolle der Regierung in der Krise ebenfalls kritisch: „Das slowakische Paket mit Wirtschaftshilfen gehört zu den kleinsten, ist vielleicht sogar das kleinste, europaweit. Die typische Wirtschaftshilfe war im europäischen Schnitt doppelt so hoch."
Die Zahl der klagenden Unternehmer wird vermutlich wachsen, das Justizministerium kennt bisher fünf solcher Fälle. Marica Pirošíková ist davon überzeugt, dass deren Chancen auf Erfolg, wie bereits der erste Fall zeige, groß seien. Allerdings habe die Regierung, solange das Verfahren vor dem Gerichtshof für Menschenrechte läuft, die Möglichkeit, angemessene Entschädigungszahlungen zu bewilligen, um gerichtlich erzwungene Zahlungen abzuwenden.
Quelle: RTVS