Gestoppte Verträge, Rechtsberater und die Trennung von Kirche und Staat - das waren vorige Woche die Themen, die innerhalb der regierenden Vierer-Koalition für Auseinandersetzungen sorgten. So stritt der Parlamentsvorsitzende Boris Kollár (Sme rodina) mit der Ministerin für Investition, Regionalentwicklung und Digitalisierung, Veronika Remišová (Za ľudí), da diese Verträge staatlicher Unternehmen mit privaten Medien, die in der Hand hochgestellter Politiker sind, gestoppt hatte. Kollár selbst ist Eigentümer des Senders „Fun Rádio", welcher mit der Lotteriegesellschaft „Tipos" Werbeverträge hatte. Nun warf er der Ministerin vor, ihre Befugnisse überschritten und den freien Wettbewerb am Markt geschädigt zu haben. Remišová konterte, sie verstehe durchaus, dass Kollár erzürnt sei, aber dadurch werde ein Raum eröffnet, dazu im Koalitionsrat klare Leitplanken für die Zukunft festzulegen.
Weiterer Streitpunkt: Wirtschaftsminister Richard Sulík (SaS) kritisierte Finanzminister Eduard Heger (OĽaNO) wegen dessen Auswahl eines Rechtsberaters. Dies sei eine Schande, da der betreffende Anwalt Michal Miškovič laut Sulík einen schlechten Ruf habe und es für die Koalition gut wäre, den Vertrag schnell zu beenden. Finanzminister Heger zeigte sich überrascht, da er sich die Kommunikation innerhalb einer Koalition ganz anders vorgestellt habe, wollte die eigentliche Sachfrage jedoch nicht kommentieren.
Wie ein Bumerang wandte sich indes die größte Regierungspartei OĽaNO gegen die Bemühungen des kleinen liberalen Partners SaS um eine konsequente Trennung von Kirche und Staat, wie sie schon 1989/90 bei der politischen Wende gefordert wurde. Regierungschef Igor Matovič (OĽaNO) schrieb im sozialen Netzwerk, er werde „…nicht zulassen, dass diese Diskussion von irgendjemandem geführt wird, dessen ganze Welt in seinem eigenen Geldbeutel anfängt und endet."
In der Slowakei sind derzeit 18 Kirchen registriert, zu denen sich laut der letzten Volkszählung insgesamt 76 Prozent der Bevölkerung bekennen. Sie erhalten jährlich steigende Staatsgelder, zuletzt 52 Millionen Euro, obwohl die Anzahl der Gläubigen sinkt. In der vorigen Woche meldete sich die SaS mit ihrem Abgeordneten Miroslav Žiak zu Wort und schlug ein Kirchensteuer-Modell anstatt der Finanzierung direkt aus dem Staatshaushalt vor. Der Koalitionspartner Sme rodina befürwortete zwar eine Diskussion zur Trennung von Kirche und Staat, sehe aber im Moment wichtigere Aufgaben, so deren Vorsitzender Boris Kollár. Und für Za ľudí äußerte Parteichefin Veronika Remišová, dass diese Frage im laufenden Koalitionsvertrag gar nicht erwähnt sei.
Bei all diesen Kontroversen differenziert der Politikwissenschaftler Radoslav Štefančík von der Wirtschaftsuniversität Bratislava zwischen zwei Gruppen von Meinungsverschiedenheiten: „Die erste ist die fachliche. Hierbei ist es ganz natürlich, dass die einzelnen Parteien ihre eigenen Positionen vertreten. Die zweite Gruppe ist die ideologische und die ist meiner Meinung nach gar nicht so wichtig. Es handelt sich sozusagen um Pro-Forma-Pflichtfahrten, mit denen sie sich präsentieren."
Die Koalitionspartner äußerten inzwischen, das Thema vorerst ausdiskutiert und beigelegt zu haben. Der Politikwissenschaftler jedoch hält es für wichtig, wie es der Koalition in solchen Situationen gelinge, Lösungen zu finden - denn Streit werde es auch weiterhin geben.
Quelle: RTVS