100 Jahre Vertrag von Trianon

100 Jahre Vertrag von Trianon

Der Vertrag von Trianon dürfe nicht ein Fels werden, der die Slowaken und Ungarn daran hindern würde, in die Zukunft zu schauen. Dies sagte der slowakische Außenminister Ivan Korčok (nominiert von der SaS) bei seinem ersten offiziellen Ungarn-Besuch am Dienstag.

„Die Slowaken, die Ungarn, wir alle in Europa haben eine komplizierte Geschichte und komplizierte Erlebnisse. Was für die einen Niederlage ist, ist für die anderen Sieg. Was für die einen Trauma ist, ist für die anderen der Beginn der Freiheit."

Der Friedensvertrag von Trianon ist einer der Pariser Vorortverträge, die den Ersten Weltkrieg formal beendeten. Ungarn musste darin eine Mitschuld am Krieg anerkennen und 72 Prozent seines Territoriums an Nachbar- und Nachfolgestaaten abgeben. Die Bevölkerung Ungarns schrumpfte dadurch um zwei Drittel auf sieben Millionen. Auch deshalb waren die Ungarn überzeugt, dass man mit ihnen im Friedensvertrag „am drakonischsten" von allen Besiegten verfahren sei. Deutschland zum Beispiel verlor „nur" 10 Prozent der Bevölkerung und 13 Prozent des Gebietes. Die Historikerin Eva Škorvanková: „Grundsätzlich wurde vor allem die Landkarte Ost- und Mitteleuropas umgezeichnet, wo sogenannte unter Anführungszeichen nationale Staaten entstanden sind. Darunter auch die Tschechoslowakei."

An der Spitze der ungarischen Delegation, die zur Pariser Friedenskonferenz kam, stand Graf Albert Apponyi. Er stufte die Bedingungen im Vertrag als unannehmbar ein und versuchte, persönlich mit den Vertretern der Siegermächte und ihren Verbündeten zu verhandeln. Ohne Erfolg. Deshalb wurde am vierten Juni 1920 in Ungarn eine Staatstrauer angeordnet. Der damalige ungarische Parlamentspräsident István Rakovszky sagte in einer Ansprache: „Heute wird der Friedensvertrag unterzeichnet werden, der über eine Zerstückelung unseres tausendjährigen Staates aussagt." Der Historiker Dušan Kováč erklärt: „Kein Politiker in Ungarn, nicht einmal einer der liberalsten wie Oszkár Jászi, konnte sich vorstellen, dass Großungarn nicht mehr bestehen wird. Für sie war es etwas, was sie wohl nicht einmal in ihren Albträumen gesehen haben."

Am Festakt im Schloss Grand Trianon nahmen Vertreter von 22 Ländern teil. Für die Tschechoslowakei unterzeichneten Außenminister Edvard Beneš sowie der Sonderbeauftragte und bevollmächtigte Minister Štefan Osuský den Vertrag. Osuský meinte: „Als ich am 4. Juni 1920 um drei Viertel Fünf meinen Namen unter den Vertrag von Trianon gesetzt habe, habe ich gewusst, dass ich eine Abrechnung des slowakischen Volkes mit dem ehemaligen Großungarn unterzeichne. Die Rechnungen, die von oben bis unten mit Blut, Leid und Armut meines Volkes unterlegt sind."

Auch hundert Jahre später werde die Bedeutung des Friedensvertrags von Trianon unterschiedlich eingeschätzt, meint Matej Hanula vom Historischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften. Laut ihm werde die Sicht der meisten Slowaken und der meisten Ungarn auf Trianon immer diametral entgegengesetzt bleiben. Während sich die slowakische Seite auf den Zerfall des Ungarischen Königreichs Ende Oktober 1918 stützt, spricht die ungarische Seite von einer Fortsetzung der ungarischen Staatlichkeit.

Quelle: RTVS, TASR, www.historiarevue.sk, Dušan Kováč a kol.: Kronika Slovenska (1999)

Marika Antašová, Foto: TASR

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