Die größten Probleme der slowakischen Wohnungspolitik liegen in einem akuten Mangel an leistbaren Mietwohnungen und dem Umstand, dass der Anspruch auf Wohnen in der Slowakei noch immer nicht als Recht verstanden wird, das für alle gilt. Dies erklärte Nina Beňová von der Bürgervereinigung Proti Prudu, die auf verschiedenen Ebenen Aktivitäten zur Beendigung der Obdachlosigkeit in der Slowakei setzt.
Das Konzept der staatlichen Wohnungspolitik, das bis zum Jahr 2020 gilt, spricht davon, dass sich jeder in erster Linie selbst um eine Wohnung zu kümmern hat. Ein Problem sieht Beňová vor allem im anhaltenden Unwillen der Gemeinden, ihren Bewohnern Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen. Um diese Situation zu ändern, fehle es vor allem an einer entsprechenden Strategie sowie legislativen Instrumenten. Nach dem Jahr 1993 mussten Städte und Gemeinden laut Wohnungseigentumsgesetz Mietwohnungen zu sehr günstigen Preisen an all jene verkaufen, die einen Kauf beantragten und bestimmte Kriterien erfüllten. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Städte und Gemeinden förmlich dazu gezwungen waren, ihre alten Mietwohnungen zu verkaufen und kaum mehr in den Bau von neuen Wohnungen investierten, so Beňová.
Für Bedürftige bemüht sich der Rechtsanwalt und Interessensvertreter Obdachloser Ivan Lorenc, in der Slowakei das Modell „Housing First" einzuführen. Dieses stellt eine Alternative zum herkömmlichen System von Notunterkünften und vorübergehenden Unterbringungen dar, das seit einigen Jahren etwa auch in Deutschland und in Österreich umgesetzt wird. Bei Housing First wird die Unterstützung bedarfsgerecht in der eigenen Wohnung angeboten, so Lorenc: "Das Prinzip ist, als ersten Schritt eine Wohnung zur Verfügung zu stellen. Dabei arbeitet man mit Menschen zusammen, die stark von sozialer Exklusion betroffen sind und kaum Chancen haben, zu einer Wohnmöglichkeit zu kommen. Dieser Zugang kehrt das Verdienstprinzip, das bei uns leider einzig und allein herrscht, in ein Bedürfnisprinzip um. Darin sehe ich einen großen Fortschritt und ich wäre sehr froh, wenn sich dies in der Slowakei auch in andere Bereiche übertragen würde."
Der Bedarf an leistbaren Mietwohnungen ist jedoch nicht nur in der Hauptstadt enorm. Laut Daten des Verkehrs- und Bauministeriums wurde zuletzt in der Slowakei der Bau von jährlich rund 1.300 bis 1.500 Wohnungen von öffentlicher Hand gefördert. Die Gesamtzahl der neu gebauten Wohnungen liegt jedoch bei rund 15.000 jährlich. Die Wartefristen für geförderte Wohnungen unterscheiden zum Teil stark und reichen von einigen Monaten bis zu einigen Jahren, da jede Gemeinde über ihren eigenen Mechanismus für deren Zuteilung verfüge. In Bratislava müsse man heute laut Beňová im Schnitt fünf bis sieben Jahre auf eine gemeindeeigene Wohnung warten. Die Situation sollte sich zumindest in der Hauptstadt in den nächsten Jahren etwas verbessern, da der Magistrat unter Bürgermeister Vallo bis Jahresende einige öffentliche Wohnbauprojekte ausschreiben will.
Quelle: TASR