Bei der slowakischen Eisenbahn schrillen die Alarmglocken. Grund ist die chronische Unterfinanzierung, die mit einem Personal- und Nachwuchsmangel einhergeht. Nach der Wende wurden eigene Ausbildungsstätten aus Kostenspargründen größtenteils aufgelöst oder vernachlässigt. Inzwischen haben die Eisenbahnunternehmen in der Slowakei mit einem problematischen Fachkräftemangel zu kämpfen. Das Land verzeichnet mit 6,2 Prozent schon seit längerer Zeit die niedrigsten Arbeitslosenraten seit den wirtschaftlichen Umwälzungen nach der Wende. Momentan bleiben ca. 400 Stellen bei der Eisenbahn unbesetzt. Gesucht werden insbesondere Lokführer und Fahrdienstleiter. Michal Lukáč, Pressesprecher der für die Bahninfrastruktur zuständigen Gesellschaft ŽSR, schildert die aktuelle Situation:„Zurzeit fehlen uns Mitarbeiter vor allem im operativen Bereich. Von insgesamt 1.900 Fahrdienstleiterstellen sind 85 nicht besetzt. Die meisten unbesetzten Stellen gibt es in der Westslowakei."
Probleme mit fehlenden Fachkräften gibt es auch bei dem für die Personenbeförderung zuständigen Eisenbahnunternehmen ŽSSK. Dessen Pressesprecher Tomáš Kováč präzisiert die Zahlen: „Železničná spoločnosť Slovensko verzeichnet momentan 215 freie Stellen, davon allein 108 Lokführer. Die größten Schwierigkeiten, neue Mitarbeiter anzuwerben, haben wir dort, wo die Arbeitslosigkeit niedrig ist - nämlich in Bratislava und Umgebung."
Auch die Arbeitsagenturen haben den Wandel bemerkt. Immer mehr Positionen bleiben längerfristig unbesetzt. Nikola Richterová, Pressesprecherin des Internetportals Profesia, beschreibt die Entwicklung: „Momentan reagieren auf eine angebotene Arbeitsstelle bei den Bahnunternehmen im Schnitt circa 7 Bewerber. Gleichzeitig aber sind die Bewerber anders als früher, zum Beispiel noch vor 5 Jahren. Jetzt muss man mehr in sie investieren."
Die Eisenbahngesellschaften reagieren auf die Lage, indem sie mittlerweile an 6 Fachschulen Plätze für Auszubildende im dualen System anbieten. Studierende erhalten umfassende praktische Ausbildung und viele Vorteile, wie zum Beispiel Stipendien. Die duale Ausbildung nicht nur bei der Eisenbahn ist eines der Hauptthemen der slowakischen Wirtschaft. Nach dem Kollaps des betriebsgebundenen Ausbildungssystems an den sozialistischen Fachschulen in den 1990er Jahren hat die duale Ausbildung bis zur Schulreform von 2015 ein Schattendasein geführt. Die Situation bei der slowakischen Bahn zeigt, wie dringend notwendig der mittlerweile eingeschlagene Weg der dualen Ausbildung ist.
Quelle: RTVS