Der Erfolg von Zuzana Čaputová bei der Präsidentschaftswahl hat nicht nur in der Slowakei, sondern auch im Ausland für Schlagzeilen gesorgt. Politologen glauben jedoch, dass sie es vor allem in der heimischen politischen Szene schwieriger haben wird als im Ausland, besonders im Zusammenhang mit den bald stattfindenden Parlamentswahlen. Das Wahlergebnis deutet laut dem Analytiker Michal Mislovič auf ein großes Bedürfnis nach neuen Politikern und Themen in der Gesellschaft hin - seien es gegenseitige Toleranz, Solidarität oder Menschenrechte: „Einerseits wird sie es nicht einfach haben, andererseits gibt es sehr wohl eine Nachfrage nach den von ihr präsentierten Themen."
Ein Jahr nach dem Mord des Journalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová habe sich in der Slowakei vieles geändert, meint der Politologe Samuel Abrahám. Ihm zufolge verkörpere gerade Zuzana Čaputová diesen gesellschaftlichen Wandel: „Dass Zuzana Čaputová zur Staatspräsidentin gewählt wurde, spiegelt gewissermaßen eine Revolte der Bürgergesellschaft wider, die seit einem Jahr zu beobachten ist. Čaputová stellt ein Symbol eines Wandels der slowakischen Gesellschaft dar, die aber weiterhin sehr gespalten bleibt. Sie muss es nun als Präsidentin mit ihrer Ruhe und Vernunft schaffen, auch jene Menschen anzusprechen, die sie nicht gewählt haben."
Abrahám zufolge habe die erste Runde der Präsidentschaftswahl gezeigt, wie politisch gespalten die Slowakei sei. Die Stichwahl habe jedoch ausgedrückt, wohin das Land künftig steuert. Einen Wandel in der Wahrnehmung der Frau als Politikerin hebt wiederum die Politologin Aneta Világi hervor: „Wenn man die vergangenen 20 Jahre in Betracht zieht, hat die slowakische Gesellschaft einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, was die Chancen von Frauen bei den Wahlen anbelangt. Das Bild einer Frau als Politikerin hat sich geändert. Eine Präsidentin ist der beste Beweis dafür."
Zuzana Čaputová ist aber nicht die erste Slowakin auf einem wichtigen politischen Posten. Zwischen 2010 und 2012 war etwa Iveta Radičová Premierministerin. Nun erwägt sie eine eventuelle Rückkehr in die Politik.
Geht es nach dem Soziologen Michal Vašečka, könnte Čaputovás Erfolg die Wahrnehmung der Slowakei im Ausland verbessern. Nicht nur weil sie eine Frau sei, sondern auch wegen der Werte, die sie vermittelt: „Das Wahlergebnis sendet ein beruhigendes Signal nach Westeuropa, denn Mitteleuropa driftet in den letzten Jahren mental und politisch immer weiter weg vom Westen. Es bestehen Sorgen, ob wir überhaupt die gleichen Werte teilen. In Westeuropa wartet man auf ein Signal, dass dies noch sehr wohl der Fall ist. Nun kommt ein solches aus der Slowakei, aus einem Land, von dem man es kaum erwartet hat. Jene politischen Kräfte, die einen organisatorischen und politischen Zerfall der EU verhindern möchten, werden in Zuzana Čaputová einen soliden Verbündeten haben."
Als problematisch betrachtet Vašečka die historisch niedrigste Wahlbeteiligung bei der Stichwahl. Wie er betont, konnte sich ein beträchtlicher Teil der Wähler mit keinem der Kandidaten identifizieren. Dabei handle es sich überwiegend um jene Wähler, die mit einer prowestlichen und eher liberalen Orientierung des Landes nicht einverstanden seien. Laut Vašečka könnte deswegen nach den kommenden Parlamentswahlen die politische Landschaft wieder anders aussehen.
Quellen: TASR, RTVS